Der Ginkgo biloba ist eine uralte Pflanzenart, die als einziger Vertreter seiner Gattung überlebt hat. Botanisch gesehen gehört er zu den Nacktsamern, ist jedoch weder mit Nadel- noch mit Laubbäumen direkt verwandt. Aufgrund seiner einzigartigen Entwicklungsgeschichte wird er oft als „lebendes Fossil“ bezeichnet. Seine Wurzeln reichen mehr als 200 Millionen Jahre in die Erdgeschichte zurück.
Der ursprünglich aus China stammende Baum ist heute weltweit verbreitet, sowohl als Zierpflanze in Städten als auch in Gärten. Besonders auffällig sind seine fächerförmigen Blätter mit charakteristischer Gabelnervatur, die sich im Herbst leuchtend gelb verfärben. Der Ginkgobaum kann eine Höhe von bis zu 35 Metern erreichen.
In Ostasien spielt der Ginkgo seit Jahrhunderten auch kulturell und religiös eine wichtige Rolle. In Tempelanlagen werden teils über tausend Jahre alte Ginkgos als heilige Bäume verehrt. Seine Samen wurden sowohl rituell als auch zum Essen genutzt. Auch in der traditionellen Heilkunde fand der Ginkgo früh Anwendung – heute wird insbesondere der Extrakt aus seinen Blättern in der modernen Phytotherapie verwendet.
Ginkgo biloba verdankt seine besondere Bedeutung einer Vielzahl wertvoller bioaktiver Substanzen, die vor allem in den Blättern der Pflanze vorkommen. Hervorzuheben sind die Flavonoide und Terpenoide, die als Hauptwirkstoffe gelten. Flavonoide wie Quercetin und Kämpferol wirken stark antioxidativ, neutralisieren freie Radikale und schützen somit empfindliche Zellstrukturen im gesamten Körper, insbesondere im Nervensystem und in den Blutgefässen. Diese pflanzlichen Polyphenole zeigen zudem entzündungshemmende und zellschützende Eigenschaften.
Die zweite Wirkstoffgruppe, die Terpenoide, umfasst unter anderem die einzigartigen Ginkgolide (A, B und C) sowie Bilobalid. Ginkgolid B verbessert beispielsweise die Fliesseigenschaften des Blutes, erweitert die Gefässe und begünstigt so die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung im Gehirn. Ginkgolid A wird insbesondere wegen seiner Wirkung gegen den Blutgerinnungsfaktor PAF (Plättchen-aktivierender Faktor) untersucht. Ginkgolid C scheint zudem Effekte auf den Fettstoffwechsel zu haben.
Bilobalid, ein weiterer bedeutender Bestandteil, entfaltet seine Wirkung direkt auf zellulärer Ebene. Es schützt Mitochondrien, wirkt neuroprotektiv und beeinflusst Mechanismen, die das Absterben von Nervenzellen verhindern können. Diese Eigenschaft macht es zu einem vielversprechenden Bestandteil im Hinblick auf altersbedingte kognitive Veränderungen.
Neben diesen Hauptkomponenten enthält Ginkgo biloba weitere wirksame Substanzen, darunter 6-Hydroxykynurensäure, die im Zusammenhang mit Stimmung und Schlafregulation steht. Zudem sind Gerbstoffe, ätherische Öle sowie in den Samen Ginkgolsäuren, Proteine und Stärke enthalten.
Die zentrale Stärke des Ginkgos ist seine Fähigkeit, die Durchblutung im gesamten Körper, insbesondere im Gehirn, zu verbessern. Dadurch werden die Zellen besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was sich positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirken kann. Viele Menschen berichten von einer gesteigerten Konzentrationsfähigkeit sowie einer verbesserten Lern- und Gedächtnisleistung.
Darüber hinaus wird Ginkgo biloba eine stabilisierende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System zugeschrieben. Durch die Erweiterung der Blutgefässe und die Hemmung der Verklumpung von Blutplättchen kann das Risiko für Kreislaufprobleme gesenkt werden. Auch Beschwerden wie kalte Extremitäten oder schwere Beine, die auf eine eingeschränkte Mikrozirkulation zurückzuführen sind, können so gelindert werden.
Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft betrifft den antioxidativen Zellschutz. Die enthaltenen Flavonoide und Terpenlactone neutralisieren freie Radikale, welche die Zellstruktur sonst schädigen und Alterungsprozesse beschleunigen können. Dieser antioxidative Effekt ist auch für die Erhaltung der Nervenzellfunktionen von Bedeutung und wird mit neuroprotektiven Vorteilen in Verbindung gebracht.
Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Ginkgo biloba bei bestimmten neurosensorischen Störungen wie Schwindelgefühlen oder Tinnitus helfen kann. Die vermutete Wirkung basiert auf der Verbesserung der Mikrozirkulation im Innenohr und im Gehirnbereich. Auch bei der sogenannten Schaufensterkrankheit (pAVK) kann Ginkgo die Gehstrecke potenziell verbessern, indem er die periphere Durchblutung unterstützt.
Ein weiterer potenzieller Nutzen betrifft das psychische Wohlbefinden. Einige Studien deuten darauf hin, dass Ginkgo eine stimmungsaufhellende Wirkung haben und bei Stress oder innerer Unruhe unterstützend eingesetzt werden könnte, da er eine regulierende Wirkung auf das zentrale Nervensystem hat. Ginkgo biloba wird ausserdem eine positive Wirkung auf die Augengesundheit zugeschrieben. Bei altersbedingten Sehproblemen wie der Makuladegeneration könnte die verbesserte Durchblutung der empfindlichen Strukturen im Auge den Krankheitsverlauf verlangsamen.
Ginkgo biloba wird häufig zur unterstützenden Behandlung von Demenzerkrankungen eingesetzt. Insbesondere Extrakte aus den Blättern dieser Pflanze können das Gedächtnis von Menschen mit leichter bis mittelschwerer Demenz verbessern. Dabei wird berichtet, dass sich die Konzentration und die Gedächtnisfunktionen stabilisieren oder leicht verbessern können. Als möglicher Wirkmechanismus gilt eine verbesserte Durchblutung des Gehirns.
Einige Fachkreise halten die Anwendung von Ginkgo-Extrakten für sinnvoll, wenn herkömmliche medikamentöse Behandlungen nicht vertragen werden, da pflanzliche Präparate in der Regel gut verträglich sind.
Allerdings gilt Ginkgo nicht als gesichert wirksam zur Vorbeugung. Bei gesunden älteren Menschen konnte bislang kein verlässlicher Schutz vor dem Auftreten einer Demenz nachgewiesen werden. Ebenso bleibt offen, ob das Mittel bei ersten Gedächtnisproblemen die Entwicklung einer Demenz verhindern kann. Die beobachteten Effekte gelten insgesamt als eher moderat und nicht dauerhaft gesichert.
Ginkgo biloba gilt zwar grundsätzlich als gut verträglich, dennoch können in seltenen Fällen unerwünschte Begleiterscheinungen auftreten, insbesondere bei unsachgemässer Anwendung oder der Verwendung nicht standardisierter Produkte.
So können empfindliche Personen beispielsweise allergisch auf Bestandteile der Pflanze reagieren. Dies äussert sich mitunter durch Hautreizungen, Juckreiz oder Rötungen. Auch Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Sodbrennen, Blähungen oder Durchfall wurden gelegentlich beobachtet. Zudem wurde über Kopfschmerzen, Schwindel und allgemeines Unwohlsein berichtet.
Eine besondere Rolle spielt das sogenannte Ginkgotoxin, ein natürlicher Bestandteil der Samen und in geringerer Konzentration auch der Blätter. Es ähnelt strukturell dem Vitamin B6, wirkt aber gegensätzlich. In hohen Dosen kann es neurologische Symptome wie Krampfanfälle oder Bewusstseinsstörungen verursachen. Solche Vergiftungen betreffen hauptsächlich Kinder, welche die Samen verzehrt haben, aber sie sind äusserst selten.
Ein weiterer Aspekt ist das erhöhte Blutungsrisiko: da Ginkgo die Durchblutung fördert, kann es bei gleichzeitiger Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen zu verstärkten Blutungen kommen. In Einzelfällen wurden sogar Netzhautblutungen beobachtet.